10 September 2005

Baseball

Der Ursprung der amerikanischen Kultur und allem anderen ueberhaupt liegt in diesem Spiel. Es IST Amerika, die amerikanische Seele sozusagen, und wenn ich leben will, MUSS ich Baseball zumindest gucken. Spielen waere noch besser, aber im Werfen war ich schon immer grottenschlecht.
Egal, jedenfalls machten wir uns heute morgen zu relativ unchristlicher Zeit (9:20) auf den langen Weg nach San Francisco, um diesem sportlichen Ereignis der Spitzenklasse beizuwohnen. Wir waren zu viert, Jon war der Fahrer, Adam, Jill und ich leissen uns kutschieren.
Es gibt verschiedene Arten, ein Baseball-Spiel zu besuchen. Da wir eine relativ weite Anreise von fast zwei Stunden hatten, nutzten wir die zweitintensivste Moeglichkeit, alles an Erlebnis und Aufregung herauszuholen. Die intensivste Moeglichkeit lernte ich kennen, sobald wir auf dem riesigen Parkplatz, einer einmaligen Asphaltwueste, umgeben von Maschendrahtzaeunen, ankamen.
voellig ueberteuertes Parkticket
Doch zunaechst schockte der Preis fuer ein Parkticket. 20 Dollar (umgerechnet 16 Euro) uebersteigt alles, was ich je an Parkgebuehren fuer moeglich gehalten haette. Es gab aber auch noch einen Parkplatz fuer 25 Dollar, der ein bisschen naeher am Ballpark lag, doch den nahmen wir dann doch nicht.
Auf dem Parkplatz waren wir beileibe nicht die ersten Gaeste, obwohl das Spiel erst zwei Stunden spaeter anfangen sollte. Tatsaechlich hatten viele ihren Grill und Klappstuehle auf dem Parkplatz aufgebaut und verspeisten mit wachsender Begeisterung grosse Mengen an Hot Dogs. Verrueckt! Wahrscheinlich waren diese Leute von noch weiter angereist als wir und hatten furchtbaren Hunger? Wer weiss, jedenfalls trafen wir puenktlich zum Oeffnen der Stadiontore ein und konnten gleich einen Rundgang durch den SBC Ballpark starten, der wunderbar direkt am Wasser gelegen ist. Diesen Umstand machten sich viele Menschen in Motorbooten, Kanus und ueberdimensionalen Baseballhandschuhen, die als Schlauchboote genutzt wurden, zu Nutze, um vor dem und waehrend des Spiels unmittelbar hinter der dem Wasser zugeneigten Seite des Stadions auszuharren und auf einen evt. ueber die Mauer fliegenden Ball zu hoffen, den sie dann haetten auffangen koennen. Wahrscheinlich die coolste Art, ein Baseballspiel mitzuverfolgen, auch wenn diese tapferen Seeleute das Spiel im Fernsehen sehen mussten (soweit das auf dem Wasser moeglich ist), denn durch die Wand konnten sie leider nicht sehen.

Wir jedoch wollten in den Ballpark, denn angeblich sollte dort ein letztes Training vor dem Spiel stattfinden, bei dem uns die heissbegehrten Baelle nur so um die Ohren fliegen wuerden.
Tatsaechlich waren auch schon ein paar Spieler auf dem Feld, die sich aber damit begnuegten, Autogramme zu verteilen und ein paar Kniebeugen zur Auflockerung zu machen.
Adam ist aus Chicago und deswegen sind er und seine Frau Jill grosse Fans der Cubs, also der gegnerischen Mannschaft der San Francisco Giants, was sie durch entsprechende Kleidung zum Ausdruck brachten. Jon ist eher neutral und ich habe vom Baseball sowieso ueberhaupt keine Ahnung.
Auf jeden Fall holte Adam sich trotzdem ein Autogramm von einem Giants-Spieler und wir assen leckere Garlic Fries, die schon allein wegen ihres Knoblauch-Gehalts unter das Waffengesetz fallen muessten. Da dies in Amerika bekanntermassen aber recht, naja, grosszuegig gehandhabt wird, waren wir ohne grosse Umstaende in der Lage, diese kulinarische Koestlichkeit zu erwerben und zu verzehren, allerdings mit der Auflage, im Anschluss das mitgelieferte Mintbonbon zu uns zu nehmen. Ein bisschen schwieriger wurde es schon mit dem Bier, hier mussten wir (wie fast immer) unsere Ausweise vorzeigen um zu beweisen, dass wir schon ueber 21 sind... Als wenn sich ein Jugendlicher ein Bier fuer $7,25 leisten koennte! Die Preise sind aber laut Jon extra so hoch, damit sich die Leute nicht sinnlos besaufen. Als weitere Massnahme wir in den letzten zwei von neun Innings ueberhaupt kein Bier oder sonstige alkoholische Getraenke mehr verkauft.
Die Zeit bis zum Spiel vertrieben wir uns also mit dem Ausprobieren der verschiedenen Leckerbissen, zu denen auch Bratwurst mit Sauerkraut gehoerte und mit dem Bewundern des Aufwaermens der Cubs, die sich nun auch endlich auf dem Spielfeld einfanden.
Leider mussten wir die unteren Raenge bald verlassen, da das Spiel irgendwann anfangen sollte und wir guenstigere Karten auf einer hoeher gelegenen Tribuene hatten.
Irgendwann war es dann soweit: Alle wurden aufgefordert, sich zu erheben und die Huete und Muetzen abzunehmen, denn jetzt wurde die Nationalhymne gesungen. Allerdings nicht von allen zusammen, sondern von einer einzelnen Saengerin, die mitten auf dem Spielfeld ihre Kuenste zum Besten gab. Die Aufgabe der Zuschauer war nur, mit der Hand auf dem Herzen dazustehen und moeglichst ergriffen zu gucken. Naja, solange man aufstand und nichts auf dem Kopf hatte, ging's noch, ein Kompromiss, den ich durchaus einzugehen bereit war...
Baseball ist in weiten Teilen ein ziemlich ereignisloses Spiel, weil alles darauf ankommt, dass
1. der Werfer (pitcher) den Ball haargenau in die richtige Richtung und Position wirft
2. der Schlaeger (beater) den Ball dann auch noch trifft
3. der Schlaeger den Ball in die richtige Richtung haut und
4. kein Spieler der gegnerischen Mannschaft den Ball aus der Luft auffaengt.

Erst wenn alle diese Voraussetzungen zutreffen (was recht selten der Fall ist), kann der beater seinen baseball stick wegschmeissen und um sein Leben zur naechsten base rennen.
Wenn nicht, wird entweder nochmal geworfen oder er ist ausgeschieden oder er darf zur ersten base spazieren, wenn der pitcher dreimal daneben geworfen hat.
Letztendlich gewannen die Cubs 5:2, es wurden jede Menge Baelle ins Publikum aber keiner zu uns hoch und keiner ins Wasser geschleudert und wir sind auch nicht ins Fernsehen gekommen, obwohl Jill vorher extra ein Schild geschrieben hatte, das sie waehrend des Spiels immer wieder hochhielt.

Hier kannst du dir den objektiven Bericht des Spiels durchlesen (falls dein Englisch gut genug ist...)!

Besonders enthusiastisch war allerdings niemand ueber den Sieg, viele Zuschauer verliessen das Spiel schon waehrend des letzten Innings (waehrenddessen, wir erinnern uns, kein Bier mehr verkauft wird. Mag das der Grund gewesen sein?) und auch wir machten uns auf den Heimweg, sobald das Spiel vorbei war.
Gut gesaettigt und um einige Dollars aermer fuhren wir nach Hause und kamen tatsaechlich erst im Dunkeln an, was beweist, dass so ein Baseballspiel tatsaechlich ein Ganztagsevent ist!

Bilder unter San Francisco/Baseball!

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