geschrieben am 20. 9. 2005 um 20:00 Uhr
Das ist doch mal wieder typisch: Ich bin jetzt seit 1 1/2 Monaten in Amerika und ausgerechnet, wenn man EINMAL wandern gehen will, regnet es! Dabei schien gestern, als wir hierher, zum Sequoia National Park, gefahren sind, den ganzen Tag die Sonne und es war wunderbares Wetter.Ein Air Force Mitarbeiter darf die Stadt nicht laenger als 96 Stunden oder 4 Tage verlassen, ausserdem darf er nicht weiter weg als Kalifornien oder Nevada, wenn er sich nicht abgemeldet hat. Das geht aber nur in einem bestimmten Buero, welches leider am Freitag geschlossen hatte. Aus diesem Grund mussten wir unsere Grand Canyon Plaene leider ueber den Haufen werfen, denn wenn wir Montag erst losgefahren waeren, waere die Fahrt zum Grand Canyon zu weit gewesen. Also entschieden wir uns, stattdessen zum Sequoia National Park zu fahren, der ungefaehr auf dem Weg nach Las Vegas liegt. Nach endlosem Papierkrieg konnten wir dann gestern Morgen um 9 Uhr endlich starten, erstmal zur Post, um ein wichtiges Einschreiben aus Deutschland abzuholen. Um halb zehn waren wir dann wieder zu Hause, vergessene Sachen wie CDs, Wasser und einen Hammer zum Einschlagen der Zeltnaegel einladen.Dann noch schnell tanken und schon um 10 Uhr waren wir auf der US 101 (bekannt aus dem Lied "California here we come") Richtung Norden, denn wir mussten zunaechst mal in Gilroy die CA 152 erreichen, um das das kalifornische Kuestengebirge ueberqueren zu koennen. Die Strasse fuehrte uns am San Luis Reservoir, einem Stausee mit Wasserkraftwerk, vorbei ueber den Pacheco Pass nach Los Banos, wo wir die erste Pause einlegten, um bei Carl's Jr., einer weiteren Fast Food Kette, zu Mittag zu essen. Die Landschaft wurde wieder flach, und zwar brettflach und von Landwirtschaft gepraegt. Zuerst sahen wir nur Viehweiden, spaeter auch Felder mit Mais, Gemuese und Obstbaeumen, alles wie immer sorgfaeltig bewaessert. Wir ueberquerten den San Joaquin River und hielten in Fresno, um Aspirin fuer mein ploetzlich auftretenden Kopfschmerzen zu besorgen. Die Haribo-Gummibaeren, die wir nebenbei erstanden, kommen hier aus Ungarn und sind mit jeder Menge kuenstlichen Farbstoffs hergestellt. Deswegen sind die Farben leuchtender als in Deutschland, schmecken tun sie aber gleich. Wir verliessen Fresno gegen 1.Um Fresno herum und noch lange dahinter reihen sich Strassendoerfer, Fast Food Restaurants, Gewerbegebiete. Fast eine Stunde lang saeumten diese Scheusslichkeiten menschlicher Zivilisation unseren Weg, bis wir schliesslich den Kings River ueberquerten und kurz darauf endlich wieder die Berge begannen, und zwar diesmal schon die Foothills der Sierra Nevada. Ploetzlich, mitten im Nirgendwo und kurz bevor die Strasse ernsthaft anzusteigen begann, eine Baustelle. Die linke Strassenseite war ueber ca. eine halbe Meile gesperrt und der Verkehr wurde statt durch Ampeln auf unserer Seite durch eine Frau geleitet, die ein Stopschild an einer Holzstange vor sich aufgepflanzt hatte. Gegen die gleissende Sonne trug sie lange Kleidung und unter ihrem Bauhelm noch einen Strohhut. Gebieterisch signalisierte sie uns mit Gebaehrden zu warten, bis nach fuenf Minuten endlich ein Truck angefahren kam, an dessen Rueckseite ein grosses Schild mit der Aufschrift "PILOT CAR Follow me" prangte. Unsere Verkehrsdame drehte ihr Schild, so dass wir nun auf der anderen Seite die Aufschrift "Slow" lesen konnte und winkte uns, dem Truck zu folgen. Er fuehrte uns und die laengere Schlange wartender Autos, die sich hinter uns gebildet hatte, sicher durch die Baustelle und ueberliess uns dann unserem Schicksal, um die Autos, die aus der Gegenrichtung kamen und schon warteten, abzuholen.Wir setzten unseren Weg fort und hielten bis zum Park Gate gegen Viertel nach drei nur noch zweimal an, um menschlichen Beduerfnissen nachzugehen, zu tanken und unsere recht spaerlichen Lebensmittelvorraete im letzten Grocery Store vor dem Sequoia Park aufzufuellen.Fuer $10 darf man sieben Tage lang jederzeit in den und aus dem Park heraus fahren, aber solange koennen wir gar nicht bleiben, obwohl es sich sicher lohnen wuerde.Im Park selber stieg die Strasse, nun immer schmaler werdend und sich in Serpentinen windend, steil an. Wir konnten nur langsam fahren, aber das machte gar nichts, denn die Landschaft mit den hohen Bergen, gruenen Waeldern und steilen Felsen konnten wir in langsamem Tempo sowieso viel besser geniessen.Am spaeten Nachmittag war es dann endlich soweit, wir erreichten den Lodgepole Visitor Center und damit auch den Campingplatz, der fuer die naechsten zwei Naechte unsere Heimat sein sollte. Das erste und wichtigste nach der Ankunft war, saemtliche Lebensmittel sicher in der metallenen bear box zu verstauen, die auf jedem Stellplatz fest verankert ist. Baeren haben einen ausgesprochen feinen Geruchssinn und versuchen, an alles Essen zu kommen, dessen sie habhaft werden koennen. Wir befinden uns hier mitten im bear country, aber die Baeren benehmen sich fuer gewoehnlich gut und lassen die Parkbesucher in Ruhe, wie uns der freundliche Ranger am Campingplatzeingang erklaerte. Nur wenn man Lebensmittel offen liegen lasse oder die bear box nicht staendig geschlossen halte, koenne es schon mal zu Begegnungen kommen. Baeren, die gefuettert werden, werden leicht aggressiv, stellen somit eine Gefahr fuer die Parkbesucher dar und muessen getoetet werden. Um das zu verhindern, gibt es die bear boxes. Und um nicht fuer den Tod eines unschuldigen aber hungrigen Baeren verantwortlich zu sein - und um nicht selber aufgefressen zu werden - halten wir uns natuerlich strikt an die Regel und alle Lebensmittel unter Verschluss.Wir kletterten, nachdem wir das Zelt aufgebaut hatten, noch ein bisschen auf ein paar Felsen herum und ueberquerten so den Fluss, bevor wir frueh ins Bett gingen.
In der Nacht kam es dann endlich, wie es kommen musste. Wir wurden vom Regen geweckt und dieser hielt bis zum naechsten Tag an.Wir vertroedelten den Morgen, doch schliesslich wollten wir was von der herrlichen Natur sehen, besorgten fuer den Nachmittag Karten fuer die Crystal Cave, eine Tropfsteinhoehle im Park, und machten uns zu einer verregneten Wanderung zu den Tokopah Falls auf, die den Fluss direkt am Campingplatz speisen. Der Trail fuehrte 1,7 Meilen lang am Fluss entlang in einen von hohen Bergen umgebenen Kessel, von denen sich der Wasserfall stuerzte. Ein beeindruckendes Bild trotz des schlechten Wetters. Wir hielten uns nicht lange auf, nass wie wir waren, sondern gingen den selben Weg zum Campingplatz zurueck, um uns umzuziehen. Zum Glueck hatte ich - ich kenne ja mittlerweile das kalifornische Wetter - genug warme Kleidung eingepackt, denn mit 59 Grad Fahrenheit war es doch recht frisch. Bald war es auch schon wieder Zeit, uns zu unserer Hoehlenfuehrung auf den Weg zu machen. Kaum sassen wir im Auto, hoerte der Regen auf. Die Tropfsteinhoehle erreichten wir ueber schmale sich wie wild schlaengelnde Strassen, wie wir sie aus der Eifel gewohnt sind, und schliesslich einen 15minuetigen Fussweg steil bergab aber asphaltiert - daran scheinen die Amis ganz besonders viel Spass zu haben.Unsere Fuehrerin wusste viel ueber die Entstehung der Hoehle und der Tropfsteine und konnte ihr Wissen anschaulich vermitteln, was die Fuehrung zu einem interessanten Erlebnis machte. Eine der imposantesten Hoehlen der Welt, wie sie uns angepriesen wurde, war die Crystal Cave jedoch nicht, da habe ich im Sauerland und vor allem in Frankreich in der Grotte de Pech Merle auf dem Weg nach Santiago schon ganz andere Hoehlen gesehen.
Der naechste Superlativ liess jedoch nicht lange auf sich warten. Auf dem Rueckweg schauten wir noch mal beim groessten Lebewesen der Welt vorbei, dem Sherman Tree. Es handelt sich hierbei um einen besonders schnell wachsenden Sequoia Baum, der ca. 2300 - 2700 Jahre alt ist und einen Umfang von 31,3 m besitzt. Ausserdem ist er verdammt hoch, wie hoch, weiss ich jetzt grade nicht mehr. Auch dieses Naturwunder erreichte man ueber einen geteerten Fussweg von einer halben Meile Laenge bergab. Jon war auf diesem Weg schaetzungsweise der einzige Amerikaner, ansonsten sahen wir Japaner, Deutsche, Italiener und Schweizer. Man kann die Deutschen tatsaechlich schon von weitem erkennen, bevor sie auch nur den Mund aufmachen, obwohl ich nicht wirklich sagen kann, woran.Jedenfalls wanderten wir durch den Giant Forest, in dem die Sequoias wachsen abwaerts zum Sherman Tree, machten noch ein paar mehr Fotos und eilten hungrig zum Campingplatz zurueck, um unsere vorletzten Vorraete, etwas Brot und Kaese, aufzuessen, denn der Laden macht hier leider schon um 6 Uhr abends zu...Mittlerweile ist es stockdunkel draussen und ich werde mich, nachdem ich den Laptop sicher verstaut habe, auch mal ins Zelt begeben. Zwar hat jeder Campingplatz eine eigene Feuerstelle, doch da wir weder ein Feuerzeug noch Holz haben - das alles gibt es hier im Laden zu kaufen - macht es nicht sooo viel Sinn, im Dunkeln und Kalten draussen rumzusitzen.
Dunkle Tage
vor 23 Stunden
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