17 Dezember 2005

Mormonen und Schnee

Um auch ein bisschen Kultur mitzubekommen und weil wir schon mal hier und neugierig auf die Sekte waren, sind wir am Morgen nach dem Fruehstueck von Styroportellerchen in einem ueberfuellten Esszimmerchen mit dem Zug in die Innenstadt von Salt Lake City gefahren.

Die ist tatsaechlich ziemlich gross und viel Zeit hatten wir nicht, also beschraenkten wir uns auf das Besondere und Wesentliche der Stadt, den Temple Square, praktisch die Seele und Keimzelle des mormonischen Glauben.

Natuerlich heisst die Organisation nicht wirklich so, sie lesen nur neben der Bibel auch das Buch Mormon, angeblich ein weiteres Testament Jesus, wie wir in einer etwa halbstuendigen Fuehrung durch den Tempelbezirk erfahren haben. Der Tempel selber, an dem ueber 40 Jahre gebaut wurde, weil die Steine zwei Tagestouren mit Ochsenkarren weit entfernt waren und jeder einzeln und muehsam zur Tempelbaustelle gebracht werden musste. Ausserdem hatten die fruehen Siedler wahrscheinlich auch mehr damit zu tun, sich selbst und ihre Familien zu ernaehren, nachdem sie sich frisch in der Wueste am Grossen Salzsee niedergelassen hatten. Die Church Jesus Christ of Latter-day Saints, wie sie offiziell genannt wird, war naemlich aus allen anderen amerikanischen Staaten verjagt worden und konnte sich nur hier an diesem recht menschenfeindlichen Ort ansiedeln.

Die beiden Maedels, die unsere Fuehrung leiteten, waren Freiwillige, die ihren eineinhalbjaehrigen Dienst an der Kirche ableisteten (junge Maenner muessen zwei Jahre). Sie werden nicht bezahlt, sondern muessen selber sehen, wie sie sich versorgen.
Ueberall wurden wir direkt, fast aufdringlich, aber immer freundlich angesprochen, nach dem Woher gefragt und es wurde versucht, persoenlichen Kontakt zu knuepfen. Alle diese Freiwilligen - zu erkennen an ihren langen blauen Maenteln und Namensschildern mit Nationalfahnen - waren wohl professionell darauf geschult, Fremde anzusprechen und zu bekehren, wie man das ja von Sekten so kennt.

Jedenfalls fuehrten sie uns durch die beiden visitor center und zeigten uns, was wir spaeter doch sicherlich noch genauer besichtigen wollten, wie eine Ausstellung ueber die enorme Wichtigkeit und Bedeutung der Familie. Ausserdem durften wir eine kleinere Kapelle betreten, die zum Dank fuer das Moewenwunder gebaut worden war. Im Jahr nachdem die Mormonen sich naemlich in Salt Lake City niedergelassen hatten, drohten Heuschrecken die Ernte zu vernichten. Die Siedler aber beteten und beteten und schliesslich kamen Moewen, die die Heuschrecken alle auffrassen, ein Wunder! Zwischendurch bekamen wir immer wieder Lektionen im mormonischem Glauben und wurden zum Schluss aufgefordert, eine Besucherkarte auszufuellen. Davor konnten wir uns aber zum Glueck gerade noch druecken und flohen in Richtung Stadtbahn, die uns zum Hotel zurueck brachte.

Schliesslich wollten wir ja noch in die Berge!
Nach einem schnellen Mittagessen machten wir uns also diesmal mit dem Auto auf den Weg nach Brighton, dem am hoechsten liegenden Skigebiet der Region. In der Stadt und am Fuss der Berge liegt nicht viel Schnee und so machten wir uns schon Gedanken, ob vielleicht Schneekanonen eingesetzt werden muessten, doch je hoeher wir ins Gebirge kamen, desto hoeher lag der Schnee. Die Strasse war jedoch frei und wir konnten die 17 Meilen nach Brighton recht flott zuruecklegen.

Wir mieteten also Skier, Schuhe und Stoecke und fuhren zum Eingewoehnen einmal den Idiotenhuegel hinunter, doch das war ja fuer uns viiiiiiel zu einfach! Wir hatten, da wir nur zwei Stunden Zeit hatten, nur einen Pass fuer die beiden kuerzesten Lifte gekauft, doch zu unserem Glueck war der zweikuerzeste Lift ausser Betrieb und wir durften den Crest Express benutzen, der uns bis auf 3000 m brachte. Leider ein ganz schrecklicher Sessellift, den ich mit meiner Hoehenangst gar nicht gut fand, aber wer runter will, der muss auch rauf, oder so aehnlich. Ich biss die Zaehne zusammen und liess mich zusammen mit Jon, der erste Erfahrungen mit dem Skilaufen schon in der Eifel gesammelt hat, gleich fuenf mal hintereinander den Berg hinauf gondeln. Ausserdem ist er frueher regelmaessig Wasserski gefahren, also kein wirklicher Anfaenger mehr.
Dass ich schon ueber 20 Jahre laenger Ski laufe als er, hat man uns heute nun wirklich nicht mehr angesehen. Im Gegenteil hat er mich oft einfach abgehaengt.
Die Carvingskier machen das Fahren aber auch wirklich viel einfacher als frueher und ich bin froh, dass ich meine alten Dinger nicht mit nach Amerika genommen habe, denn - wie von meinen Eltern schon lange prophezeit - ich konnte es kaum glauben, wie viel Spass es mit den Carvern macht.
Auch die Abfahrten waren wirklich super, alle Schwierigkeitsgrade vorhanden und auf den meisten Teilen gerade so steil, dass es Spass machte ohne zu gefaehrlich zu sein. Man konnte aus einer grossen Zahl unterschiedlicher Trails waehlen, die sich immer wieder kreuzten, vereinten, auseinanderliefen. Platz war wirklich genug vorhanden. Eine Auf- und Abfahrt dauerte locker 20 Minuten, die Abfahrten waren also wirklich schoen lang und die darauffolgende Pause im Lift lang genug, um sich von der vorangegangenen Abfahrt zu erholen.
Auch die Wartezeiten am Lift hielten sich trotz des Wochenendes immer gut in Grenzen, da in einer Gondel bis zu vier Personen mitfahren konnten.
Was mir auffiel, waren die ueberdurchschnittlich vielen Snowboarder. Auch in Europa gibt's davon jede Menge, aber hier waren sie schon in der Ueberzahl. Das mag daran liegen, dass sie nicht alle Skigebiete und Lifte benutzen duerfen, aber trotzdem kamen sie mir schon sehr viel vor.
Nachdem unsere Paesse zwei Stunden spaeter abgelaufen waren, hatten wir dann auch erstmal genug und wankten mit zitternden Knien zum Auto, waren uns aber einig, dass es viel Spass gemacht hatte.
Auf dem Rueckweg dann noch schnell Abendessen in Jon's Lieblingsrestaurant Hooters, bevor wir uns im Hotel direkt in den Hot Tub begaben.
Das ist sowieso ein nettes Hotel (bis auf den Fruestuecksraum). Wir haben Wireless Internet, es gibt einen Fitnessraum und unser Zimmer hat zwei grosse Betten und das alles fuer $50 pro Nacht.
Wer in Amerika reist, sollte auf jeden Fall auf Coupon Books achten, in denen Hotels alle moeglichen Verguenstigungen anbieten. Regulaer haette unser Zimmer $129 pro Nacht gekostet, doch durch den Coupon haben wir mal wieder richtig Geld gespart.
Auch fuer Casper in den Rocky Mountains, in die wir uns morgen wagen wollen, habe ich schon einen Hotelrabatt ausfindig gemacht, wie's aussieht, gibt es auch dort Internet, also kann ich wieder brandheiss berichten.

Fotos vom Skilaufen gibt's spaeter!

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