21 November 2005

Elkhorn Slough II

Samstag, 19. 11. 2005


Beim zweiten Mal sind wir schlauer und kennen die Öffnungszeiten: Jeden Tag von neun bis fünf. Um fünf Uhr wird es sowieso schon dämmrig, also kommen wir - wegen der doch recht feuchtfröhlichen Angelegenheit am Freitag - am späten Vormittag am Visitor Center des Elkhorn Slough etwa 20 Meilen nördlich von Monterey an.
Es gibt drei Rundwanderwege, die wir aufgrund ihrer Kürze kombinieren wollen. Für einen ein bis zwei Meilen langen Weg hätte sich die Fahrt dann doch nicht gelohnt.

Slough heißt auf deutsch Sumpf, aber so wirklich erinnert diese weite, den Gezeiten ausgesetzte Flussöffnung nicht an ein deutsches Moor, wie ich es z. B. aus der Lüneburger Heide kenne. Dazu ist es hier wahrscheinlich auch zu trocken.
Der Hauptarm erstreckt sich von Moss Landing über sieben Meilen und 3000 Hektar Marschland und flachen Gezeitentümpeln. In den Feuchtgebieten leben mehr als 250 Vogel- und 80 Fischarten. Dazu kommen 400 Arten wirbelloser Tiere. Viele Zugvögel ruhen sich hier aus, nisten und finden Futter.

Wir beginnen mit dem South Marsh Loop Trail, der durch urige Eichenwälder und Steppe zu Aussichtspunkten über South Marsh und Elkhorn Slough, in eine alte Scheune, an einen fast ausgetrockeneten Teich und ein "art in nature" Projekt führt.
Doch zunächst bezahlen wir die $2,50 Eintritt pro Person und müssen, um die Eichen des Parks vor der gefährlichen Krankheit "Sudden Oak Death" zu schützen, unsere Schuhe abbürsten und in eine Desinfektionwanne steigen.


Von Besucherzentrum aus nehmen wir den zunächst asphaltierten Pfad nach Westen und kommen an den Abzweigungen des Long Valley Loop und des Five Finger Loop vorbei. Am Elkhorn Slough Overlook sind Fernrohre aufgestellt worden, die wir ohne weitere Gebühr benutzen dürfen. Wir sehen in der Ferne zwar keine interessanten Wasservögel, aber dafür jede Menge gelbe Kayaks. Das wollen wir auch mal machen!

Blick durch das Fernrohr.


Etwas unterhalb gelegen befindet sich die alte Scheune "Elkhorn Barn", das letzte Überbleibsel der ehemaligen Milchfarm, die von 1922 bis in die siebziger Jahre hinein Milchprodukte für die örtliche Gemeinschaft hergestellt hat. Heute sind in der Scheune nur noch zwei Plumpsklos zu finden und ein Trinkwasserspender ragt an einem Rohr aus der Erde.


Wir beginnen den Rundweg mit dem rechten Zweig des South Marsh Loop Trail und gehen den sich windenden, nun unbefestigten Weg zum Cattail Swale, einem Teich mit mehr Enten, als wir beide jemals gesehen haben. Hier treffen wir auch auf zwei Biologinnen, die mit einem Fernrohr, Kameras und einem Bestimmungsbuch bewaffnet die Enten studieren.

Weiter windet sich der Weg mit dem South Marsh zur Linken durch eine Eichenwaldung zum Rookery Pond, der kein Wasser mehr führt, dessen Bewuchs mit Wasserpflanzen und feuchter Boden aber auf Wasser hinweist. Im Winter und Frühling mag es hier ganz anders aussehen.

Eine Gruppe Studenten hat sich hier um ihren Führer des National Estuarine Research Reserves, das die Natur des Gezeitengebietes erforscht, geschart. Artig machen sie uns Platz, damit wir vorbei gehen können.

Zum North Marsh Overlook biegen wir bald rechts ab und stapfen über eine Steppenlandschaft, bis wir von kreisenden Möwen auf den Aussichtspunkt aumerksam gemacht werden.
Wir sehen auf der anderen Seite des Flusses den Kirby Trail, den wir beim letzten Mal begangen haben.

Beim Aussichtspunkt ist der Weg für Besucher zu Ende und man darf man zwar eigentlich nicht weiter gehen, aber die Dame vom Besuchszentrum hat uns die Erlaubnis gegeben, über die Eisenbahnschienen zum Overlook of Elkhorn Slough Channel zu gehen, da der eigentliche Wanderweg angeblich nicht zu benutzen ist.

So laufen wir also auf den Schienen entlang immer schnurgeradeaus, bis wir zu der kleinen Insel gelangen, die der Empire Gun Club, eine private Jagdorganisation, Anfang des 20. Jahrhunderts für sich beansprucht hat.

Traditionell wurde der Ort von Indianern genutzt, heute jedoch ist er Teil eines "art in nature" Projekts. Hinter der Insel erstreckt sich der Hauptarm des Elkhorn Slough.

Auf dem Rundgang entdecken wir schließlich auch die beiden Kunstwerke, eine aus Muscheln, Kohle und Steinen gefertigte halbrunde Brücke über einen kleinen Teich, in dem ich fast meinen Schuh versenke, als ich mir das ganze näher anschauen will. Das erinnert mich doch stark an eine Begebenheit in meiner Kindheit, als ich aus meinem kleinen Schlauchboot ins Wasser gefallen bin, weil ich an den Seerosen riechen wollte.
Man wird wohl zwar älter aber nicht weiser...

Das zweite Kunstwerk ist ein aus Metallstäben geformtes Gitterwerk, das wahrscheinlich irgendwann mal begrünt werden soll. Erste mickrige Pflänzlein am unteren Ende deuten jedenfalls darauf hin.


Wir überqueren die Bahnlinie erneut und gelangen zur Kolibriinsel, ebenfalls mit einem Plumpsklo ausgestattet, aber die kleinen Vögelchen, die sich vom Nektar der Blüten ernähren, machen wohl gerade Mittagspause. Jedenfalls sehen wir hier nichts besonders Interessantes.
Der Wanderweg, der angeblich nicht zu benutzen ist, führt zwischen zwei Teilen des Gezeitenpools hindurch. Das Wasser wird durch Rohre unter dem Weg geleitet und entwickelt dank der Strömung von Ebbe und Flut einen enormen Druck, was wir an Strudeln und herausschießendem Wasser beiderseits des Weges feststellen können.

Jon: "There's some serious difference in water level."
An einer Stelle hat der Damm, auf dem sich unser Weg befindet, dem Druck des Wassers nicht standhalten können und ist gebrochen. Zwei schmale Holzplanken überqueren die Stelle.

Deswegen also wurde auf der anderen Seite das Schild End of Trail aufgestellt! Viele der Besucher sind schon älter und wahrscheinlich nicht mehr so daran gewöhnt, Wasserläufe auf abenteuerliche Weise zu überqueren wie wir. Doch aus der Wildnis sind wir Kummer gewöhnt und haben die behelfsmäßige Brücke schnell und problemlos überquert.

Wir biegen nach rechts ab und folgen dem erhöhten Pfad über ein Feuchtgebiet, bis wir an eine Fußgägnerbrücke über einen Kanal des South Marsh gelangen.

Am Ende der Brücke entdecke ich doch tatsächlich große Krebse im Wasser, die vor unsere Tritten auf dem Holz fliehen.

Ein Boardwalk lässt uns das Marsh Restauration Project überblicken. Das Marschland ist nämlich vierzig Jahre lang eingedeicht und als Weideland benutzt worden. Erst im Oktober 1983 wurde es wieder renaturalisiert für die Gezeitenströmung zugänglich gemacht. Heute dient das Gebiet experimentellen Studien von Marschökologie und -biologie.

Wir kommen wieder zu der alten Scheune zurück, hinter der es eine für meinen Mann als Metereologen sehr interessante Wetterstation gibt.

Wir bewegen uns nun westlich auf den Five Fingers Loop Trail.

Dieser kurze Rundwanderweg durch übermannshohes trockenes Gras führt uns durch einen Eukalyptuswald - die Bäume wurden Mitte des 19. Jahrhunderts nach Kalifornien importiert und fühlen sich seither an der Central Coast heimisch - zum Wildlife Blind, einer jagdlichen Einrichtung am Rand des Parson Slough. Hier werden Enten und andere Wasservögel gejagt. Damit die Tiere nicht durch den Anblick von Jägern verschreckt werden, verstecken diese sich hinter der Holzwand und lassen nur die Gewehrläufe durch die Öffnungen ragen.

Der Parson Slough, ein Seitenarm des eigentlichen Gezeitenflusses, spaltet sich in fünf kleinere Kanäle, weswegen die Stelle auch five fingers genannt wird. Er vereinigt sich mit dem Elkhorn Slough unter der Eisenbahnbrücke. Im Südwesten kann man die Sanddünen an der Mündung des Slough ins Meer und dahinter die Bucht von Monterey sehen.
Hier wurde 1982 ein Rekord an Vogelsichtungen aufgestellt: 116 verschiedene Arten an einem einzigen Tag!

Immer geradeaus geht es aufwärts durch Grasland, eine Eichenwaldung und eine trockene Wiese zur Kreuzung mit dem Long Valley Loop Trail, dem letzten Rundweg, den wir heute in Angriff nehmen wollen.

Obwohl wir noch nicht besonders lange unterwegs sind und auch noch nicht besonders weit gelaufen sind - etwa vier Kilometer - sind wir doch noch müde vom Freitag. Es ist ziemlich warm und ich kann Jon und mich nur mit dem Hinweis überreden, dass der Trail ja laut unserer schlauen Karte, die wir am Eingang erhalten haben, nur 1,35 km lang ist. Wir biegen also nach rechts ab und es geht zunächst wieder abwärts. Ein Boardwalk führt uns über den Sumpf.

Unter einem Dach aus Eichen folgen wir dem nördlichen Ende auf einen breiten Grasweg. Nun können wir das Besuchszentrum am Parkplatz schon wieder sehen.

Ein kurzes Stück bergauf noch und wir sind wieder am Auto, steigen ein und fahren nach Monterey zurück.

Im Diner Grandma's Kitchen, einem orignellen, mit Eulen verschiedenster Kunstrichtungen vollgestopften Restaurant, das ausnahmsweise mal nicht zu einer Kette gehört, stärken wir uns von den Anstrengungen der Wanderung.

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