Der 17-Mile Drive lässt mich nicht los. Nachdem ich beim letzten Mal in die falsche Richtung gelaufen bin, möchte ich doch gerne die komplette Küste der Monterey Halbinsel sehen.
Jon kann nicht mit, weil er Hausaufgaben machen muss, aber er fährt mich zum Asilomar State Beach, von wo ich den für motorisierte Fahrzeuge gebührenpflichtigen 17-Mile Drive durch die Welt der wohlhabenden Oberschicht erreichen kann.
Um kurz nach halb zwölf winke ich Jon nach, der mit dem Auto abfährt und wende mich dem Strand zu. Da ich bis nach Carmel gehen möchte, haben wir abgemacht, dass er mich am Nachmittag dort abholt. Zu diesem Zweck hat er mir sein Mobiltelefon mitgegeben.
Um an den Strand der Reichen zu gelangen, muss ich zunächst einen Bach überqueren. Das Wasser steht diesmal unerklärlicherweise viel höher als beim letzten Mal und da es keine Brücke gibt, muss ich eine Stelle zum Überqueren suchen. Über ein paar Baumstämme balanciere ich fast bis auf die andere Seite. Ein kleiner Hüpfer und schon bin ich drüben.
Durch weichen Sand kämpfe ich mich zum holzbefestigten Boardwalk, der mich am Spanish Inn vorbei zur spanischen Bucht führen soll.
Es ist neblig und recht kühl, aber zum Glück nicht windig. Grässlicher gelber Schaum schwimmt auf dem Wasser hinter der Brandung mit eindrucksvollen Wellen.
Trotz des schlechten Wetters sind viele Leute unterwegs. Ich sehe Jogger, die unvermeidlichen Golfer, die sich nicht von der $425 Gebühr für eine Runde haben abschrecken lassen, Hunde und Kinder, die mit Klappspaten in den vom Meer angetriebenen großen Haufen Seegrases wühlen, zu leicht bekleidet meiner Meinung nach mit T-Shirt und Shorts, mit den Turnschuhen gedankenlos durch die Wasserlachen stapfend, die die Wellen zurückgelassen haben.
Viele kleine Vögel, snowy plovers, suchen am Rande der Brandung nach Nahrung.
Immer wieder komme ich an Ruhebänken vorbei, gefertigt aus zwei rohen Granitfelsen, in die ein Holzbrett als Sitz eingelassen ist mit kleinen Messingtafeln, die den Spender oder die Person angeben, in dessen Andenken die jeweilige Bank aufgestellt wurde. Diese hier ist einer gewissen Hariet Bronsky, "jedermann's Freundin", gewidmet. die meisten der Bänke scheinen im Jahr 1993 aufgestellt worden zu sein, wie die Schildchen ebenfalls verraten.
Der schmale Boardwalk ist mit einer rostigen Kette, die durch taillenhohe grobe Holzpflöcke gezogen ist und rustikal aussehen soll, abgetrennt von der dahinterliegenden Schutzzone voller bodenbedeckender Pflanzen. Eine Dünenlandschaft, die vor Artenvielfalt strotzt.
Die hohen Wellen und die schäumende Brandung veranstalten einen ziemlichen Lärm, die Luft riecht stark nach Algen und Meer.
Ich erreiche das Ende des hölzernen Boardwalks und den fünften Haltepunkt des 17-Mile Drives, den Park- und Picknickplatz mit Tischen und Bänken direkt am Strand an der Spanish Bay.
"Das Gasthaus zur Spanischen Bucht
Von der spanischen Bucht zum Gasthaus
Die kleine Bucht vor Ihnen ist die Spanische Bucht, benannt nach den spanischen Entdeckungsfahrten in dieser Gegend. Im Winter 1769 campte hier eine von Gaspar de Portola, Gouverneur von Niederkalifornien, geleitete Gruppe. Sie waren auf der Suche nach der Bucht von Monterey, die sie aber während dieser Reise niemals fanden. Im Jahr darauf "entdeckten" sie ihren Fehler.
Dieser Boardwalk ist Teil eines Wanderweges von Pebble Beach, der das "Gasthaus zur Spanischen Bucht" im Norden mit dem Vogelfelsen im Süden verbindet. Bevor das Gasthaus im Jahre 1988 eröffnet wurde, gab es an dieser Stelle von 1880 bis 1973 eine Sandminengesellschaft. Seit 1986 arbeitet die Pebble Beach Gesellschaft an der Restaurierung der empfindlichen Dünen, um die im vorigen Jahrhundert angerichteten Schäden zu beseitigen."
"Schaut euch die Ureinwohner Kaliforniens an!
Um Sie herum befinden sich Pflanzen, die an der kalifornischen Küste, in den Sanddünen und Täuschungen beheimatet sind. Sie gehören zur selben Spezies wie die Pflanzen, die die europäischen Entdecker vor 400 Jahren begrüßten. Seitdem haben menschliche Aktivitäten viele dieser ursprünglichen Pflanzen zerstört und Eispflanzen und andere "Exoten" nahmen Überhand.
Um die Dünen zu restaurieren und zu schützen wurden die Eispflanzen (dazu später mehr) entfernt und der ursprüngliche Bewuchs wieder hergestellt. Jede dieser Pflanzen kommt aus dem "Krankenhaus für ursprüngliche Pflanzen" der Pebble Beach Gesellschaft. Zu Ihrem Genuss lässt der Boardwalk Sie die Pflanzen betrachten, ohne sie zu beschädigen."
"Bitte räumen Sie hinter ihrem Haustier auf. Danke
Köter-Handschuh Höflichkeit der PEBBLE BEACH GESELLSCHAFT"
Ich folge dem Fußweg, zunächst direkt zwischen Straße und Meer verlaufend, später, als die Straße sich ein paar Meter vom Meer entfernt, sich durch die flache Dünenlandschaft schlängelnd. Dieser Pfad wird wohl auch als Reitweg benutzt, jedenfalls muss ich aufpassen, nicht in alte Pferdeäpfel zu treten, die hier und da fallen gelassen worden sind. Ein Golfplatz säumt die Straße zur Linken.
Auf einmal übertrifft ein starker Duft nach Kamille den Meeresgeruch. Die Blüten sind nur noch schrumpelige kleine Knöpfe, längst verblüht, aber ich stelle mir vor, wie es hier im Frühling oder Sommer aussehen muss, wenn alle Blumen weit aufgeblüht sind.
Der Weg führt über einen kleine Parkplatz, der zu einem Privathaus zwischen Straße und Meer führt. Schilder warnen davor, das Gelände zu betreten. Das kleine weiße Haus direkt am Meer ist unter zwei oder drei alten, windgebogenen und schiefgewachsenen Zedern gebaut, die es vor den heftigen Winden und allzu neugierigen Blicken schützen soll. So müsste man wohnen!
Das Meer ist aufgewühlt, die Wellen hoch, die Brandung stark. Ein Surferparadies, wären da nicht die gefährlich trügerischen Felsen, die manchmal nur knapp, manchmal haushoch aus dem Wasser ragen und an denen sich die Wellen brechen. Trotzdem sind Surfer unterwegs, in Neoprenanzügen hoffentlich vor der Kälte des eisigen Wassers geschützt. Sie müssen gut aufpassen, um nicht gegen die Felsen gespült zu werden und daran unterzugehen.
Der nächste Haltepunkt, den ich erreiche, heißt dann auch passenderweise "Rastlose See".
"Die rastlose See
Warum ist das Meer so rastlos?
Manche sagen, dass hier Ozeanströme zusammenstoßen. Das soll die rastlose See verursachen, die man hier meistens sehen kann. Aber es ist sehr unwahrscheinlich, dass ablandige Ströme eine Bewegung so nah an der Küste verursachen. Die wahrscheinlichere Ursache sind unter der Wasseroberfläche liegende Felsen, die die Wassermassen verlangsamen und die Wellen dazu bringen, sich früh zu brechen. Das macht die See so rastlos.
Das Leben an Meeresküsten ist von der rastlosen See abhängig, die Futter und Nährstoffe bringt. Viele Meerestiere fangen und fressen Plankton: Mikroskopisch kleine Lebenwesen, die angespült werden. Aber das Wasser der Ozeans kann auch tödlich sein. Wellen knallen auf die Strände und reißen Seegras und anderes Leben von den Felsen. Hier zu leben ist ein Balanceakt zwischen Gefahren und Nutzen."
Der siebte Haltepunkt, Point Joe ist nicht weit entfernt und ebenfalls über den sich durch die Küstenlandschaft windenden Fußweg zu erreichen.
"Felsen und Nebel verursachen Unfälle
Dichter Nebel, dunkle Nächte, gezackte Felsen und zerstoßende Brandung haben schon immer die Navigation in diesen Gewässern erschwert. In einer nebligen Nacht im Jahre 1896 lief die eisengeschälte St. Paul auf die Unterwasserfelsen auf. Die Mannschaft und die lebende Ladung wurden sofort gerettet. Nach drei Monaten auf den Felsen sank die St. Paul.
Zehn Jahre später verirrte sich die Celia, ein Dampfschiff auf dem Weg von Santa Cruz nach Monterey, im Nebel und schlug auf die Felsen. Ihre Mannschaft und die Passagiere entkamen, aber ihre Ladung Bauholz fiel ins Meer.
Heute helfen akkurate Seekarten und elektronische Navigationshilfen den Kapitänen, Unfälle zu verhindern."
"Pinselscharbe
Phalacrocorax penicillatus
Können Sie einen Kormoran entdecken? Halten Sie nach einem schwimmenden oder hockenden Vogel mit nach oben zeigenden Schnabel Ausschau. Oder finden Sie einen Vogel mit ausgestreckten Flügeln, der sich auf einem Felsen sonnt. Kormorane haben keine wasserfesten Federn, deswegen müssen sie nach dem Tauchen nach Fischen ihr Gefieder in der Sonne trocknen."
"Westmöwe
Larus occidentalis
Entlang der Felsküsten ist die Versorgung der Westmöwen mit Futter das ganze Jahr über sicher gestellt. Im Sommer finden sie hier einen sicheren Nistplatz. Dies ist die einzige Möwenart, die an der kalifornischen Küste nistet. Möwen sind die allgemeinen Reiniger der Küsten und Strände, aber sie fangen auch Fische, Kalmare und Küstentiere."
Hier an Joe's Point breitet sich der Golfplatz auch rechts der Straße aus. Die Spieler sollten allerdings mehrere Bälle mit sich führen, falls mal - und wirklich unwahrscheinlich sieht das hier nicht aus - einer ins Wasser fällt... Das Betreten des Golfplatzes ist für Außenstehende natürlich steng verboten.
"Punkt Joe
Wer war Joe?
Joe war ein Chinese, der zu Beginn des 20.Jahrhunderts alleine in einem Haus aus Treibholz in der Nähe lebte. Er lebte davon, Nippes an Touristen zu verkaufen und Ziegen zu melken. Niemand weiß sicher, ob dieser Ort nach Joe oder ob er nach diesem Ort benannt wurde.
Ebenso wie Sie sah Joe von diesem Punkt aus wahrscheinlich eine Vielfalt von Wildtieren. Im Sommer durchwandern Tausende pelagischer (seetüchtiger) Vögel die Gegend. Von Dezember bis März kann man Grauwale auf ihrer alljährlichen Wanderung von den Nahrungsgründen bei Alaska zu den Kalb- und Aufzuchtsgründen bei Niederkalifornien. Im späten Frühling kehren die Wale nach Norden zurück."
"Granit verleiht dieser Küstenlinie ein schroffes Aussehen
Point Joe und ein großer Teil dieser Küstenlinie ist aus Granit. Granit fängt als Magma an - heißer, flüssiger Stein dicht an der Erdkruste. Mit der Zeit kühlt die Magma ab und kristallisiert, wobei die gesprenkelte Beschaffenheit des Granits entsteht. Sehen Sie genau hin. Können sie die Kristalle erkennen?
Die Felsen hier wurden vor 65 Millionen Jahren dort gebildet, wo heute Südkalifornien ist. Seitdem hat sich das Land entlang des San-Andreas-Grabens nach Norden bewegt und den Granit an die Oberfläche gezwungen. Meerwasser und Wellen tragen langsam den herausragenden Granit ab und bilden groben Sand."
"Wussten Sie, dass die Eispflanze hier nicht heimisch ist?
Die meisten Kalifornier kennen die speerförmigen Blätter und farbenfrohen Blüten der Eispflanze, auch Hottentottenfeige genannt. Aber diese Pflanze stammt ursprünglich nicht aus diesem Gebiet. Sie erreichte im 17. Jahrhundert als "blinder Passagier" in einem Schiff aus Afrika das Land. Heutzutage benutzen sie Gärtner als Bodendecker und um Erosion zu verhindern.
Eingeführte Spezies können an neuen Orten zur Pest werden. Frei von natürlichen Feinden oder Krankheiten wetteifert eine eingeführte Spezies mit heimischen Spezies um Nahrung und Platz. Allzuoft verschwinden die Ureinwohner."
Nun bin ich seit der Spanischen Bucht schon eine halbe Meile gelaufen und mir wird langsam warm unter meinen vielen Kleidungsschichten. Am achten Haltepunkt, dem Chinesenfelsen, ziehe ich meine Jacke an einer Bank aus, die Clair "Skeet" Weeks gewidmet ist.
Der Chinesenfelsen ist ebenfalls aus Granit und befindet sich direkt am Meer.
Ich setze mich auf die nächste, von George und Ruth Rhoda gestiftete Bank etwas abseits der Touristenmassen und mache Mittagspause. Eigentlich wollte ich damit noch warten, aber ich fühle mich ein bisschen zittrig und brauche was zu essen. Ich habe vorgesorgt und mir zwei Butterbrote eingepackt, die ich nun mit Blick auf die hohen Wellen und Felsen verzehre.
Auf dem weiteren Weg fallen mir die vielen kleine Löcher im Boden auf, die wahrscheinlich von Erdhörnchen oder Mäusen stammen, die hier leben. Tatsächlich sehe ich aus dem Augenwinkel etwas Mausartiges durch das niedrige Gebüsch huschen, aber bevor ich das Tierchen identifizieren kann, ist es auch schon wieder weg.
Welchen Sinn Der Vogelfelsen-Jagdkurs, der neunte Haltepunkt, hat, wird mir nicht klar, doch von hier aus wird der Fußweg breiter und es fällt auf, dass er von vielen als Spazierweg genutzt wird, um ihren Hund auszuführen. Dabei werden die aufgestellten Tütenspender, mit deren Hilfe die Hinterlassenschaften der vierbeinigen Freunde entsorgt werden sollen, geflissentlich ignoriert. Überall liegt Hundekot herum...
Ich erreiche eine der absoluten Hauptattraktionen des 17-Mile Drive, den Vogelfelsen. Dabei handelt es sich um einen Felsen, der nicht weit von der Küste entfernt der Brandung trotzt und zahlreichen Seevögeln und Meeressäugern eine Heimat bietet. Bis hierher waren wir schon mit dem Rad gekommen.
Am Vogelfelsen ist noch mehr als an den anderen Haltepunkten alles auf Touristen eingestellt. Es gibt einen großen Parkplatz mit vielen Autos und einem Reisebus, der mit laufendem Motor darauf wartet, dass seine Insassen fertig fotografiert haben. Es gibt mit allem, sogar einem Wickeltisch ausgestattete öffentliche Toiletten, denen ich einen Besuch abstatte. Es gibt Picknicktische, Infotafeln, Mülleimer und für 25ct. kann man das Leben auf dem Vogelfelsen durch ein Fernrohr betrachten.
Wie bei meinem letzten Besuch laufen überall kleine fette Erdhörnchen herum, während zahlreiche SChilder darum betteln, sie nicht zu füttern. Heute haben sie ein paar weggeworfene Sonnenblumenkerne gefunden, an denen sich gleich fünf Erdhörnchen auf einmal gütlich tun.
Das Geschrei der Seelöwen übertönt sogar das Brausen der Brandung.
"Das Comeback der Seeotter
Im Wasser zwischen der Küste und dem Vogelfelsen können sie vielleicht einen Seeotter sehen. Aber Sie müssen genau hinschauen - eine große Seegraspflanze kann einem Otterkopf ziemlich ähnlich sehen.
Halten Sie Ausschau nach einem niedlichen Gesicht, kurzen Vorderpfoten (zum Jagen und für die Fellpflege) und großen, mit Schwimmhäuten versehenen Füßen (zum Schwimmen).
Seeotter kommen an diese Küste zurück. Im 19. Jahrhundert wurden sie wegen ihres Fells gejagt und man hielt sie in Kalifornien schon für ausgestorben. Dann, 1915, wurde eine kleine Gruppe an der Big Sur Küste gesehen. Die heute mehr als 1500 Otter entlang der Zentralkalifornischen Küste sind Nachfahren dieser Gruppe."
"Wälder im Meer
Riesentang (Macrocystis pyrifera) ist das größte aller Seegräser und wird bis zu 200 Fuß (60 m) lang. Es ist auch eine der am schnellsten wachsenden Pflanzen der Welt und wächst bis zu 14 Zoll (35 cm) pro Tag. Ein wurzelähnliches Gebilde verankert die Pflanze mit dem felsigen Untergrund und gasgefüllte Schwimmer halten die blattähnlichen Teile an der Oberfläche.
Bullentang (Nereocystis luetkeana) hat einen einzelnen, hohlen, schlauchähnlichen Stiel (Stengel), der bis zu 115 Fuß (35 m) lang wird. Diese einjährige Spezies wächst in nur einem Jahr zu dieser Länge heran. Ein einzelner großer gasgefüllter Schwimmer hält die blattähnlichen Teil an der Oberfläche."
"Vogelfelsen
Nicht nur für Vögel
Manchmal ist es einfach zu sehen, wie der Felsen seinen Namen bekommen hat. Im Frühling und Sommer bedecken nistende Kormorane und Möwen und stängelnde Pelikane den Vogelfelsen. Früher lebten auf dem vogelfelsen tatsächlich nur Vögel, aber nachdem die Schicht von Vogeldreck (Guano) als Dünger abgetragen wurde, zogen Robben und Seelöwen ein - oder so geht die Geschichte.
Der Vogelfelsen ist ein hoch aus dem Wasser ragender Granitfelsen, geformt von Wind und Wellen. Der Standort des Felsens bietet einen etwas geschützten Fleck zwischen Strand und Wellen. Hier kann man Seeotter im Seegras, nach Fischen tauchende Möwen und von den Felsen bellende und brüllende Seelöwen beobachten."
"Sie sehen vor sich ein Nationales Meeresschutzgebiet
Im Wasser vor Ihnen liegt die Schlucht von Carmel, ein Arm der 10.000 Fuß (3.000 m) tiefen Monterey Schlucht. Im Frühjahr und Sommer steigen tiefe, kalte, fruchtbare Wassermassen an die Oberfläche, die das Leben im Meer in dieser Gegend nähren. Die erstaunliche Vielfalt an Leben in der Bucht von Monterey hängt mit diesem Aufstieg zusammen.
Wegen der Schlucht von Monterey und dem erstaunlichen Leben, das sie hervorbringt, wurden diese Küstenwasser zum Schutzgebiet bestimmt - das Nationale Meeresschutzgebiet der Monterey Schlucht. Ziel ist es, die Ressourcen und die Schönheit zu erhalten, die diese Wasser und Küsten so einzigartig machen."
"Brauner Pelikan
Pelecanus occidentalis
Braune Pelikane besuchen diese Gegend im frühen Sommer nach dem Nisten vor Süd- und Niederkalfornien und bleiben bis zum Herbst auf Felsen in der Nähe der Küste. Ausgewachsene Weibchen sind braun, Männchen haben weiße Köpfe, die sich während der Paarungszeit gelb verfärben."
"Pinselscharbe
Phalacrocorax penicillatus
Dieser dauerhafte Bewohner zieht seine Jungen in einer großen Kolonie auf. Ungefähr 3.000 Paare nisten jedes Frühjahr und den Sommer hindurch auf dem Vogelfelsen. Ein Paar baut ein tassenförmiges Nest aus Seegras aus dem Meer und Zweigen und Blättern vom Land. Die Weibchen legen normalerweise vier Eier, die sie etwa einen Monat lang brüten."
"Kalifornischer Seelöwe
Zalophus californianus
Man sieht vielleicht eine Gruppe Seelöwen im Wasser treiben, eine Flosse aus dem Wasser ragend. Eine erhobene Flosse hilft, die Körpertemperatur angenehm zu erhalten. Die Adern der Flosse befinden sich nah an der Hautoberfläche. Wasser, dass von der Oberfläche verdunstet, kühlt das Blut. Eine in der Sonne liegende trockene Flosse wärmt das Blut."
"Seelöwen und Seehunde teilen den Felsen
Die Meeressäuger, die man am meisten auf den Felsen sieht, sind kalifornische Seelöwen und Hafenrobben. Seelöwen sind laut. Männchen bellen, um einander abzuschrecken. Sie sind an Land beweglicher als Seehunde und können zum Schlafen bis auf die Spitze des Vogelfelsens klettern."
"Die Jahreszeiten auf dem Vogelfelsen
Frühling
Im Frühjahr ist der Vogelfelsen von Pinselscharben und Westmöwen bedeckt, die Nester bauen und ihre Jungen aufziehen. Ausgewachsene männliche Seelöwen ziehen zu ihren Brunftgründen im Süden.
Sommer/Herbst
Im Sommer teilen braune Pelikane den Vogelfelsen mit den Kormoranen und Möwen. Im August und September kommen die Seelöwen aus Südkalifornien und Mexiko zurück.
Winter
Die meisten Pelikane ziehen im Winter zu ihren Aufzuchtsgründen vor Niederkalifornien. Manche Möwen bleiben; andere gehen. Hafenrobben und Seeotter sind das ganze Jahr über hier."
Dem Naturwanderweg (Nature Trail) folge ich durch kniehohes Gestrüpp zum nächsten Haltepunkt, dem Robbenfelsen Picknickplatz, einem kleinen Strand mit zwei Picknicktischen und Bänken, an denen tatsächlich Menschen sitzen und essen.
Als der Wanderweg nur noch aus tiefem weichen Sand besteht, durch den zu stapfen nun wirklich nicht viel Freude bereitet, gehe ich an der Straße weiter. Kurze Zeit gibt es noch so etwas wie einen Fußweg auf der linken straßenseite, doch spätestens nach dem Abzweig zum Haltepunkt Nr. 12, Spyglass Hill, der einen Golfplatz und Grill bietet und den ich nicht besuche, muss ich mich ganz am Rand an der Straße bewegen. Es ist immer noch neblig, sodass ich die nächste Landspitze nur silhouettenhaft wahrnehmen kann. Der sandige Boden zwischen Straße und Meer ist inzwischen komplett mit Eispflanzen bewachsen.
Der Haltepunkt Nummer 13, dem Fan Shell Overlook, bietet zunächst einmal den letzten direkten Blick auf das Meer, denn kurz darauf zweigt die Straße nach vom Pazifik ab und führt recht steil ansteigende über einen Golfplatz.
Damit auch ja kein Unbefugter den kostbaren Rasen betritt, ist der Golfplatz bis auf einige Durchlässe für die Golfer eingezäunt. An den Durchlässen warnen große Schilder eindrucksvoll vor dem Betreten. Eine Hischkuh und ihr Kalb aber, die auf dem Golfplatz grasen, lassen all diese Warnungen kalt.
Ich komme zur Einfahrt des Golfclubs (Nur für Mitglieder!) und wandere durch einen urigen Wald voller Zypressen, von denen das Moos in langen Fäden herunterhängt. Das Unterholz ist bestenfalls niedrig, aber überall liegen bleiche umgestürzte bizarr geformte Baumleichen.
Der nächste Haltepunkt, Cypress Point Lookout, ist ein Parkplatz am Ende einer Sackgasse. Nach rechts zum Golfplatz hin verhindert ein hoher Holzzaun Zugang und Sicht, aber zur Steilküste ist der Zaun aus Maschendraht, sodass man wenigstens durchgucken kann. Die beiden Fernrohre sind so aufgestellt, dass man die Aussicht auf die zerküftete Küste mit Felsen, kleinen Stränden und rauer See über den Zaun hinweg genießen kann. Die Landschaft hinter den Felsen wird nach wie vor von Golfplätzen und Montereyzypressen dominiert, die übrigens ursprünglich nur hier wuchsen, mittlerweile aber auch in anderen Küstengegenden angepflanzt werden.
"Hafenrobbe
Phoca vitulina
Um eine Hafenrobbe zu entdecken muss man auf den Felsen nach einem wie ein Würstchen geformten Tier Ausschau halten, dessen Kopf und Schwanz nach oben gebogen sind. Auf den Felsen zu liegen ist die Art eines Seehunds, sich auszuruhen, aufzuwärmen und Räubern wie großen weißen Haien zu entgehen.
Wenn ein Seehund Hunger hat, lässt er sich ins Wasser gleiten, um eine Fisch- oder Muschelmahlzeit zu erhaschen."
"Riesentang
Macrocystis pyrifera
Eine Wald aus Riesentang, dessen Spitze an der Oberfläche treibt, unterstützt eine große Vielfalt an Muscheln, Fischen, Vögeln, Meeressäugern - und Menschen. Fische, die wir essen, wie der Snapper, leben in Kelpwäldern. Sie haben vielleicht sogar schon mal Kelp gegessen. Es wird benutzt, um verarbeitete Nahrung und Medikamente glatt zu machen - sogar Zahnpasta."
"Seeotter
Enhydra lutris
Suchen Sie nach einem kleinen, dunklen "Fleck" auf der Wasseroberfläche in einem Bett aus großem braunem Seegras (Kelp). Zur Essenszeit hat jeder sein Lieblingsessen. Manche mögen Seeigel; andere essen größtenteils Kraken oder Schnecken. Um an das Fleisch in einer Muschel zu gelangen, lässt sich ein Otter auf dem Rücken treiben und schlägt seinen Fang auf einen Stein auf seiner Brust."
"Zypressen Punkt Aussicht
Sehen Sie Schnee oder Bäume?
1542 nannte der Entdecker Cabrillo diesen Landpunkt Cabo de Nieve - Kap Schnee - um die vor ihm liegende weiße Landschaft zu beschreiben. Niemand ist sich sicher, was er sah. 1774 gab der Missionar Tomas de la Peña diesem westlichsten Punkt der Halbinsel von Monterey den Namen La Punta de cipresses oder Zypressenpunkt. Der Name wurde beibehalten und 1967 für offiziell erklärt.
Cabrillo hat vielleicht wirklich Schnee gesehen, als er im Oktober 1542 an diesem Punkt vorbeigesegelt ist. Zu dieser Zeit war das Weltklima kälter als heute.
Um uns herum stehen die majestetischen Bäume, nach denen der Zypressenpunkt benannt wurde. Zu Cabrillos Zeit war die Pflanze fast ausgestorben. Sie kommt ursprünglich an zwei Oren vor - von hier zum Pescadero Punkt (vier Stopps weiter im Süden) und am Point Lobos (südlich von Carmel). Heute werden Montereyzypressen weltweit angepflanzt, üblicherweise an Küstenlinien.
"Hafenrobben Aufzuchtszeit
Im April und Mai kommen die Hafenrobben an Strände wie diesen um zu gebähren. Jede Mutter nährt ihr Junges, bis es fett wird, während sie selber abmagert. Ihre Milch enthält 40 bis 50% Fett, so wie schwere Schlagsahne. Aufgrund dieser hochfetten Ernährung verdopelt ein Junges sein Gewicht innerhalb von Wochen.
Eine Seehundmutter beschützt ihr Junges. Sie ist immer an seiner Seite, spielt mit ihm oder schützt es vor Gefahren, an Land oder im Wasser. Ihre Bindung ist stark, aber kurzlebig. Innerhalb von vier bis sechs Wochen setzt Sie ihren Nachwuchs ab und verlässt ihn, damit er sein eigenes Leben beginnen kann."
Haltepunkt Nr. 15 ist die Crocker Waldung etwas abseits der Küste, in der viele alte Zypressen wachsen. Für Marshall Stee, Jr., den Präsidenten der Del Monte Forest Foundation, ist hier ein Gedenkstein aufgestellt worden, weil er sich sehr für den Erhalt und Schutz des Del Monte Waldes eingesetzt hat. Die Waldung soll zum Schutz der Bäume nicht betreten werden und ist daher von einem niedrigen Holzzaun umgeben.
"Montereyzypressen, natürlich
In dieser Waldung gibt es die ältesten Montereyzypressenbäume - einige fast 300 Jahre alt. Diese Bäume gehören ursprünglich hierher und zum Pt. Lobos südlich von Carmel; alle anderen wurden angepflanzt. Die Waldung, benannt nach der Gründerfamilie dieser Gegend, wurde 1953 zum Naturschutzgebiet.
Von Natur aus sind Montereyzypressen knotig, vom Wind geformt. Mit Zapfen, die Samen beinhalten, sind sie wie Monterey-Kiefern. Um die beiden zu vergleichen, muss man sich die Nadeln anschauen. Kiefernnadeln wachsen in runden Büscheln; Zypressennadeln sind flach und schuppig."
Während ich die Kamera in den Rucksack packe, ist ein Auto vorgefahren und ein Mann spricht mich an: "Gehen Sie den 17 Mile-Drive?" - "Ja", antworte ich wahrheitsgemäß. "Das ist gut für Sie, eine gute Übung." Das sehe ich genau so. Auf wiedersehen.
Die Einsame Zypresse, die auf einem hohen Felsen im Meer steht, ist der Pebble Beach Gesellschaft einen weiteren Haltepunkt wert. Während ich zur Steilküste zurück kehre, hat sich der Nebel über der Küste, der sog. Marine Layer etwas gehoben und lässt den Blick auf den unteren Teil der nächsten Landspitze frei. Diese Tatsache zusammen mit den wundersam geformten Zypressen lässt das Gefühl aufkommen, diese Landschaft sei nicht von dieser Welt, sie ist zu unwirklich und bizarr, um wahr zu sein.
Knallende Autotüren und laufende Moteren der Touristenautos holen mich schlagartig in die Realität zurück.
Ein roter Reisebus aus San Francisco hält an und ihm entströmen die Menschenmassen, deren Kameras ebenso verrückt spielen wie meine.
"Küstenwälder brauchen Nebel
Nebel ist ein natürlicher Teil des Sommers auf de Monterey Halbinsel. Brisen wehen vom kalten Wasser zum warmen Land, Wasser verdampft und kondensiert und verursacht Nebel. Seebrisen und Nebel halten die Sommertemperaturen an der Küste mild.
Nebel ist gut für die Küstenpflanzen. Pflanzen bewässern sich selbst mit Nebeltropfen - Wassertröpfchen werden auf Blättern und Nadeln gesammelt und tropfen zu Boden. Da es im Sommer selten regnet, helfen die Nebeltropfen, die Pflanzen an der Küste zu bewässern."
"Einsame Zypresse
Hockt seit Hunderten von Jahren über dem Pazifik
Obwohl Montereyzypressenbäume die schroffen, bloßen Granitkaps dieser Gegend bevorzugen, ist die Einsame Zypresse ein Zeugnis für die Härte dieser Bäume. Seit etwa 250 Jahren widersteht sie den Pazifkstürmen und -winden. Zäune und Seile bieten heute verstärkten Schutz in der Hoffnung, dass sie 300 Jahre alt wird.
Wie Samuel F. B. Morse, der Gründer von Pebble Beach, der den Wald in seinem urspünglichen Zustand erhalten wollte, es sich immer gewünscht hat, besteht der Del Monte Wald heute aus Naturwanderwegen und -reservaten, dem spektakulären 17-Mile Drive, Erholungsorten und Golfplätzen und Privathäusern. Die Einsame Zypresse ist das Symbol der Pebble Beach Gesellschaft, Besitzer und Manager des größten Teils des 5300 Morgen großen Del Monte Waldes."
Ein Gedenkstein erinnert an Sam Morse, der von 1885 bis 1969 lebte und die "Vision und den Willen hatte, die natürliche Schönheit vo Pebble Beach zu schützen und zu erhalten". Wenn dabei ein bisschen Geld herausspringt durch die Einnahmen durch Touristen auf dem 17-Mile Drive, ist das natürlich um so besser...
"Montereyzypresse
Cupressus macrocarpa
Die Einsame Zypresse ist ein Montereyzypressenbaum. Diese Bäume, einst vom Aussterben bedroht, kommen ursprünglich nur hier und am Pt. Lobos südlich von Carmel vor. Sie werden 70 Fuß (20 m) hoch und leben 300 Jahre lang. Ihre Beliebtheit hat sie vielleicht vor dem Aussterben bewahrt - sie werden in Kalifornien und in der ganzen Welt angepflanzt.
"Einsame Zypresse
ein Warenzeichen für Qualität
Die Einsame Zypresse ist das Firmenlogo und Warenzeichen der Pebble Beach Gesellschaft. Deswegen wird das Benutzen von Bildern des Baums vom Gesetz reguliert. Fotos oder Kunstwerke der Einsamen Zypresse für kommerzielle oder Werbezwecke dürfen nicht ohne schriftliche Genehmigung der Pebble Beach Gesellschaft aufgenommen oder erstellt werden. Fotos und Kunstwerke für persönliche Zwecke werden begrüßt."
Über Holzstufen erreicht man einen tiefergelegenen Aussichtspunkt, den ich mir diesmal spare.
Statt dessen gehe ich weiter in Richtung des eigentlichen Ortes Pebble Beach. Je näher ich komme, desto pomöser werden die Herrenhäuser an der Straße. Natürlich hat jedes sein eigenes Tor, man kann den Reichtum nur vermuten, der sich dahinter verbirgt, aber ein "Häuschen" bildet eine Ausnahme und will gesehen werden, die Villa Eden del Mar, ein rosa verputztes ungetüm im mediterranen Stil direkt an der Straße. Der prunkige Klotz am Meer erinnert mich irgendwie an das Schloss des Multimillionärs William Hearst etwa 100 Meilen weiter südlich, das wir während unserer Hochzeitsreise besichtigt haben. Ob hier wohl auch die Architektin Julia Morgan ihre Finger im Spiel hatte?
Die Haltepunkte 17 und 18, der Geisterbaum und Pescadero Point, gehen ziemlich nahtlos ineinander über. Hier liegen besonders viele abgestorbene Zypressen herum und der Geisterbaum selber steht zwar noch, ist aber so tot, wie ein Baum nur sein kann.
Ich entdecke zum ersten Mal in Kalifornien ein deutsches Schild - naja, immerhin ist eine der Sprachen deutsch...
"Eine zerbrechliche Schönheit beschützen
Pescadero Point stellt den nördlichen Rand des Ökologischen Reservats der Carmel Bucht dar. Im Reservat, das bis Point Lobos südlich von Carmel reicht, dürfen keine wirbellosen Meerestiere wie Krabben, Seesterne, Seeohren, Schnecken usw. mitgenommen werden."
"Pescadero Point ist ein Bewahrungsgebiet für marines Leben und Vegetation. Kein Fischen, Seeohren- und Krabbensammeln, Hauttauchen oder Picknicken."
Der "Ortskern" von Pebble Beach besitzt eine Bank, einen kleinen Laden für Geschenke, Wein und Lebensmittel, Geschäfte und Restaurants. Alles ist sehr gepflegt und dekadent, ich betrete lieber keinen der Läden. In der Einfahrt zum Golfplatz stehen gutgekleidete Menschen, die nur Mitgliedern Zufahrt gewähren. Es gibt einen Parkplatz extra für Besucher. Damit ich mir nicht ganz so fehl am Platz vorkomme, haben vor mir auf der anderen Straßenseite Radfahrer angehalten. Wir sind soweit die Einzigen, die den 17-Mile Drive nicht mit dem Auto abfahren.
Je mehr man hat, desto mehr Sorgen muss man sich machen, und so fallen mir die immer aufwändiger werdenden Sicherheitsvorkehrungen, Alarmanlagen und Gitter auf, hinter denen die Reichen leben müssen. Protection wird hier groß geschrieben!
Der Rest des Weges ist eher unspektakulär und bietet nur noch vereinzelt durch Mauern oder Wald verminderte Ausblicke auf die Küste. Ein Haltepunkt noch, der Peter Hay Golfplatz (Betreten verboten!) und ich nehme den Abzweig zum Tor nach Carmel, wo Autofahrern der Eintrittspreis von $8,50 abgeknöpft wird. Vorher treffe ich noch einen alten Bekannten, Smokey Bear, der uns schon in Yosemite vor den Gefahren eines Waldbrandes gewarnt hat.
Bis zum Strand von Carmel, wo ich mich mit Jon verabredet habe, ist es nicht mehr weit. Ich rufe ihn an und setze mich, bis er eintrifft, in den Sand, um mich von dieser aufregenden "Reise" ins Land der unglaublichen Naturschönheit und der unglaublich Reichen zu erholen.
26 Oktober 2005
17-Mile Drive III
Eingestellt von Kerstin um 09:41
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