14 April 2009

Tornado Warnung

Ruft mich Jon heute gegen ganz besorgt gegen elf im Zoo an. Ob ich auch nicht gerade draussen beim Reiten waere, denn es ist ein Tornado angesagt. Auch das noch! Ich kann ihn beruhigen, bin sicher im Gift Shop.
Draussen wird es immer dunkler. Ein Gewitter kuendigt sich an. Doch Halt! Meine Laufschuhe liegen auf der Ladeflaeche des Pick-Up Trucks. Schnell renne ich noch im Trockenen zum Parkplatz und schmeisse sie ins Fuehrerhaus. Als ich die Fahrertuer zumache, fallen die ersten Tropfen. Nun ist Top Speed angesagt. Keine Minute spaeter bin ich mit nassen Haaren und Klamotten wieder im Zoo. Es schuettet wie aus Eimern. Der Laden ist rappelvoll von Leuten, die vor der Sintflut Unterschlupf suchen. Aus Sorge um meine Gesundheit bietet meine Chefin mir an, dass ich mir ein T-Shirt aussuchen darf. Das ist auch gut so, denn meins ist nass. Sehr praktisch, wenn man direkt an der Quelle sitzt. Ich entscheide mich fuer langaermlig, denn die Klimaanlage ist an und auch draussen ist es jetzt nicht mehr besonders warm. So bringe ich meine Schicht noch gut hinter mich. Die Tornado Warnung wird aufgehoben und ich fahre nach Hause. Sogar die Muelltonne, die heute geleert wurde, steht noch, obwohl nur zwei Kilometer suedlich von uns die Strasse voller abgerissener Zweige und Palmwedel liegt.

Es ist immer noch windig, als ich mich um fuenf mit Jon auf der Base treffe, um zum Training zu fahren. Das findet diesmal ohne Coach Rebecca auf dem Tropical Trail statt. Der verlaeuft in nord-suedlicher Richtung parallel oestlich zum Indian River. Der Wind blaest vom Fluss, also von Westen.

50 Minuten Fahrtspiel sind heute angesagt. Da die Trainerin nicht da ist und das Wetter so schlecht, sind nicht viele Laeufer gekommen. Jon und ich schliessen uns mit Angela und Meredith zusammen. Die ersten 3 km laufen wir einfach so, wissen nicht so recht, wie wir es angehen sollen. Dann schlage ich ein Spiel vor: Wir laufen hintereinander her, jeder hat 5 Minuten, in denen er fuehrt und die anderen muessen folgen. Das jeweilige Tempo ist ganz Sache des Fuehrenden. So kommt jeder mal dran.
Angela rennt wie wild los, fuenf Minuten fast volle Kanne. Ich fange langsam an und steigere das Tempo nach und nach. Meredith gibt eine Minute schnell, eine langsam im Wechsel vor und Jon, der schnellste unserer Gruppe, saust so schnell los, dass wir nicht mehr mitkommen.
Das Spiel macht Spass, wir merken kaum wie die Zeit und die Meilen vergehen. Zum Glueck dreht Jon nach einer Minute um. Wenigstens er hat noch ein bisschen Verstand.

Wir wollen dann ganz "easy" zurueck laufen. Das gelingt eine Zeit lang auch ganz gut und wir erzaehlen uns was. Meredith meint noch, der Wind waere gar nicht so schlimm wie wir gedacht haetten. Ich stimme zu. Haha! Das muss der Wind gehoert haben, denn nun geht es erst richtig los. Die Wellen auf dem Indian River werden hoeher. Wir werden von einzelnen Boeen fast von der Strasse gepustet. Palmwedel fliegen durch die Luft. Wir werden von unten bis oben mit Sand und Wasser besprueht.
Nun sehen wir aber zu, dass wir zurueck zum Parkplatz kommen. Doch der ist weit. Durch das Spiel haben wir kaum gemerkt, wie weit wir schon gelaufen sind. Das muessen wir jetzt alles wieder zurueck. Halb Gegen-, halb Seitenwind. Es wird hart. Ich haette nicht gedacht, dass wir so weit gekommen waren. Hinter jeder Kurve vermute ich das Ende, das aber nicht kommt. Ein mannsgrosser abgebrochener Ast versperrt die halbe Strasse. Wenn der jemanden getroffen haette! Es ist gefaehrlich, hier zu laufen, das sehen wir ein und jeder versucht nur noch, so schnell wie moeglich zum Parkplatz zu kommen. Ein muehsames Geschaeft, aber auch seltsam belebend (das Wort musste ich tatsaechlich nachschlagen, denn es fiel mir nur auf Englisch ein: invigorating) und kraeftigend. Das ist nicht mehr nur Laufen um des Laufens willen, sondern es gibt einen Zweck: Schnell raus aus der Gefahrenzone. Bis hierher sind wir 10 km in 47 Minuten gelaufen.
Wir treffen die langsamere Gruppe, die schlauer war als wir und nur bis zur Haelfte oder so gelaufen ist. Halten kurz an, alle strahlen. Was fuer ein Wetter! Wir trotzen den Elementen.
Der Kampf mit dem Wind kostet Kraft, wir sind laengst nicht mehr so schnell wie am Anfang, obwohl wir uns doch beeilen muessen. Immer noch kein Ende in Sicht.
Scheinbar endlos zieht sich die kurvige Strasse hin, bis endlich, endlich die letzte Kurve in Sicht kommt. Geschafft! Das letzt Stueck Richtung Osten ist mit Rueckenwind ein Kinderspiel. Ich renne noch mal richtig los, um mit Meredith und Jon aufzuschliessen. Angela ist noch ein Stueck hinter uns, erreicht uns aber auch noch vor dem Ziel. Das war was! Total verrueckt!
Mir geht es richtig gut. Eigentlich hatte ich heute keine rechte Lust zum Laufen, aber nun bin ich gluecklich. Fuehle mich erfrischt und viel weniger kaputt als ich gedacht haette.
Das war klasse, vor allem das Fahrtspiel mit der Gruppe, aber auch der Weg zurueck.

Ich bin so froh, dass wir da mitmachen koennen!

10 Kommentare:

Blumenmond hat gesagt…

Und wieder springt einem förmlich die Lust am Laufen aus dem Blog entgegen. Auf die Tornado-Warnungen kann ich aber gut verzichten. ;-)

Simone hat gesagt…

Auch ich kann ganz gut auf Tornado verzichten ;), finde es aber beachtlich, was ihr alles für das Laufen auf euch nehmt. Mich motiviert das Lesen hier im Blog immer sehr, obwohl ich noch tausende von Meilen von deinem Stand entfernt bin (und ob ich ihn jemals erreiche ist dazu auch noch fraglich :))

Jasmin... hat gesagt…

Mann, Mann, Mann - wenn ich das lese wird mir ja ganz angst und bage um Euch!
Ist zwar toll, dass Ihr so viel Spaß hattet - aber im Ernst: vor drei Jahren ist ein Freund meiner Eltern in seinem Garten von einem Ast erschlagen worden, weil er die Wäschespinne noch vor dem Orkan retten wollte... :-(
Passt bloß auf Euch auf bei Euren Unwettern da drüben - ich will doch noch so viele motivierende Laufberichte lesen!!! ;-))

michi hat gesagt…

Beim Lesen hatte ich mich schon gefragt, ob das mit dem Unwetter während Du im Zoo warst "schon alles war" ;-))
Man kennt es ja nur so aus dem Fernsehen, aber die Dinger ziehen ja unglaublich schnell auf, Wahnsinn und in der Beziehung bin ich wirklich heilfroh, in einer Gegend zu wohnen, wo sowas nicht auftritt, ebenso wie Erdbeben etc.

Zum Training (schöne und abwechslungsreiche Variante) stimme ich Anja zu, die Lust am Laufen, ja, die ist definitiv da und man kann es herauslesen. Gleichzeitig ganz schön gefährlich, da war ich beim Lesen am Ende auch froh, dass Euch kein solch dicker Ast erwischt hat.

Martin hat gesagt…

Ich finge Wind und Sturm einfach klasse, wenn ich laufe. Man fühlt sich so mitten im Leben, mitten in der Natur wie sonst nie ! Und anschließend fühlt man sich stolz und lebendig! Toll wie ihr das gemacht habt!

Pienznaeschen hat gesagt…

Da ist ein Spannungsbogen drin, Kraft und Stärke und ein Kampf gegen das Wetter und die Gefahr ... beim lesen war ich richtig gespannt und angespannt. Gerade dieses gemeinsame Fartenspiel klingt spaßig und gleichzeitig verdammt anstrengend, eigentlich klingt der ganze Lauf nach einer Menge Spaß und auch wenn der vielleicht erst hinterher aufgrund der Gefahr voll spürbar war.
Passt gut auf Euch auf!

jo hat gesagt…

krasse sache. hast du n job im zoo?

Kerstin hat gesagt…

Anja, ich auch... Im Nachhinein war es dann aber doch kein Tornado, sondern nur sehr starker Sturm.

Runter vom Sofa, schoen, dass dich mein Blog motiviert. Wir "nehmen" das ja nicht wirklich "auf uns", sondern das Laufen ist unsere Leidenschaft. Wir machen das sogar noch gerne!

Jassi, was will man machen, wenn man schon mal unterwegs ist und meilenweit vom Auto entfernt? Da geht eben nur Zuruecklaufen.

Michi, Erdbeben gibt es hier in Florida nicht. Fuer uns sind Hurricanes das grosse Thema und Grund, warum wir ein Haus so weit auf dem Festland gekauft haben. Das mit den herunterfallenden Aesten war auch unsere Sorge.

Martin, wir hatten ja keine andere Wahl. Es war zwar von Anfang an sehr windig, aber der Sturm kam erst so richtig kurz nach dem Umkehren auf.

Pienznaeschen, das Fahrtspiel fand ich jetzt gar nicht so anstrengend. Wir haben schon dafuer gesorgt, dass auch langsame Passagen eingebaut wurden. Erst der Rueckweg mit dem Sturm war hart.

Jo, Job ist etwas zuviel gesagt. Ich mache das ehrenamtlich zweimal die Woche je drei Stunden im Gift Shop. Dafuer habe ich immer freien Eintritt und sonstige Verguenstigungen. Einen bezahlten Job habe ich in der derzeitigen Wirtschaftslage noch nicht gefunden.

ultraistgut hat gesagt…

Lieber Herr Gesangverein, auch nohTornados und dann noch laufen und dann noch gerne gelaufe zu sein.

Pass bloß auf dich auf und ja nichts riskieren, gell ?

Gerd hat gesagt…

Du jagst einem aber auch einen Schrecken ein. Zum Glück ist ja alles gut gegangen und bis zu deinem Fahrtspiel war die Welt wieder in Ordnung!